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Die subtile Kunst der Hundesprache: Beschwichtigungssignale

Die Kommunikation zwischen Mensch und Hund und die hündischen Beschwichtigungssignale sind oft eine faszinierende Herausforderung. Obwohl wir nicht in der Lage sind, die Hundesprache hundertprozentig zu deuten, können wir dennoch versuchen, unsere pelzigen Freunde besser zu verstehen, indem wir ihre subtilen Signale und Körpersprache aufmerksam beobachten und interpretieren. Hast du dich schon einmal gefragt, was es bedeutet, wenn dein Hund dir ins Gesicht geniest, die Pfote auflegt oder beim Streicheln zu gähnen beginnt? Dann bist du hier genau richtig.

Laut Turid Rugaas, einer norwegischen Hundetrainerin, die international für ihr Buch „Die Sprache der Hunde: Calming Signals“ bekannt ist, verwenden Hunde Gesten oder sogenannte Beschwichtigungssignale bzw. Calming Signals, um Stresssituationen zu beruhigen und Spannung abzubauen. Diese Gesten werden verwendet, wenn sie sich gestresst oder wütend fühlen. Rugaas hat mehr als 30 Beschwichtigungssignale entdeckt.

Welche Beschwichtigungssignale „Calming Signals“ gibt es?

Wie erwähnt hat Turid Rugaas 30 Calming Signals der Hundesprache entdeckt. Wir unterteilen diese in Gesten des Kopfes, Gesten der Schnauze, der Pfoten, ganze Körperbewegungen und spezielle Mimik. Die genaue Bedeutung vom Beschwichtigungssignal hängt von der jeweiligen Situation ab.

Signale mit dem Kopf

Den Kopf abwenden oder wegdrehen, mit den Augen rollen, blinzeln und zwinkern.

Auch wir Menschen neigen dazu, in unangenehmen Situationen den Kopf abzuwenden, die Augen zu senken oder auf den Boden zu starren. Ähnlich verwenden Hunde solche Körpersignale mit dem Kopf und den Augen, um ihre Empfindungen auszudrücken. Das Wahrnehmen von Augengesten gestaltet sich jedoch nicht immer einfach, obwohl sie die häufigsten Beschwichtigungssignale der Hunde darstellen. Diese Gesten umfassen das leicht oder vollständige Wegdrehen des Kopfes, das Rollen der Augen, das Blinzeln oder gezieltes Zwinkern.

In welchen Situationen zeigen Hunde diese Kopf- und Augengesten?

  • Wenn wir uns ihrem Gesicht zu sehr nähern oder wenn ein Gegenstand, wie beispielsweise ein Handy zum Fotografieren, zu nah kommt.
  • Während des Umarmens.
  • Beim Hochheben.
  • Wenn sie gegen ihren Willen festgehalten werden, etwa während der Fellpflege.
  • Hunde empfinden oft Unbehagen, wenn sie geküsst werden.
Beschwichtigungssignal: Kopf weg drehen
Den Kopf wegzudrehen ist eines der deutlichsten Beschwichtigungssignale.

Beschwichtigungssignale mit der Schnauze

Sich über die Lefzen lecken, Gähnen und Niesen.

Deutliche Beschwichtigungssignale sind Gähnen, Niesen und das Überlecken der Lefzen. Diese Signale zeigen Hunde, wenn die vorherigen Kopfbewegungen und Augenausdrücke keine Wirkung gezeigt haben.

In welchen Situationen gähnen, niesen oder lecken sich Hunde ihre Lefzen?

Wenn das Abwenden des Kopfes keine Wirkung zeigt, neigen Hunde dazu, sich über den Nasenspiegel zu lecken, zu gähnen und zu niesen, da diese Signale auffälliger sind und hoffentlich besser vom anderen Hund oder Hundehalter erkannt werden. Hunde setzen diese eindeutige Hundesprache in folgenden Situationen ein:

  1. Beim Haareschneiden und Kämmen.
  2. Während des Hundetrainings, entweder aufgrund von Überforderung oder wenn dein Hund spürt, dass du ungeduldig wirst.
  3. Bei Begegnungen mit anderen Hunden.
  4. Beim Spielen.
  5. Gelegentlich beim Streicheln, insbesondere wenn sich deine Hand plötzlich seinem Gesicht nähert.
  6. Wenn du mit deinem Hund sprichst oder ihn schimpfst.

Das Lecken über die Schnauze wird oft von schwarzen Hunden verwendet. Dies trifft besonders auf Hunde zu, die viele Haare haben oder deren Gesichtsausdruck aufgrund weniger sichtbarer Augen schwieriger zu erkennen ist. Die Zunge wird in diesen Fällen sichtbarer, wodurch das „Calming Signal“ deutlicher verständlich wird.

Dieser Hund schleckt sich über die Lefzen, weil ihm die Kamera zu nahe ist, er noch dazu eine Sonnenbrille tragen muss und seine anderen Beschwichtigungssignale übersehen worden sind.
Dieser Hund schleckt sich über die Lefzen, weil ihm die Kamera zu nahe ist, er noch dazu eine Sonnenbrille tragen muss und seine anderen Beschwichtigungssignale übersehen worden sind.

Gesten mit den Pfoten

Die Pfote heben, Pfoten wegstrecken und Pfote auflegen.

Während eines Spaziergangs können wir häufig beobachten, wie Hunde plötzlich innehalten und eine Pfote heben, während sie aufmerksam lauschen und ihre Umgebung beobachten. Doch was verbirgt sich hinter dieser speziellen Körperhaltung in der Hundesprache? In den meisten Fällen heben Hunde ihre Pfote, wenn sie einen faszinierenden Geruch wahrnehmen, sei es in städtischer Umgebung oder im Wald.

Dieses Verhalten resultiert aus ihrem angeborenen Jagdinstinkt. Wenn die Beute sich bewegt, verfolgt der Hund sie und greift an. Doch wenn die Beute plötzlich stillsteht, erstarren auch Hunde und heben ihre Pfote. Dieses Beschwichtigungssignal kann ebenfalls in anderen Situationen auftreten. Es ist möglich, dass dein Hund dieses Signal zeigt, um Angst, Unterwerfung oder Unwohlsein auszudrücken.

Pfote heben ist ein Beschwichtigungssignal der Hundesprache.
Beschwichtigungssignal: Pfote heben

Pfotengesten können jedoch auch als Ausdruck des Wohlbefindens dienen und dementsprechend eine ganz andere Bedeutung haben. Wenn dein Hund seine Pfote auf deinen Arm oder in deinen Schoß legt, signalisiert dies in der Regel, dass er deine Nähe sucht oder sich äußerst wohlfühlt. Aufgrund der Sensibilität der Hundepfoten würde ein Hund seine Pfote niemals geben oder auflegen, wenn er sich von der Person bedroht fühlt. Dennoch ist es wichtig, die Situation selbst einzuschätzen, da dein Hund möglicherweise mit dieser Körpersprache ausdrücken möchte, dass er hungrig ist, nach draußen muss, Aufmerksamkeit sucht oder andere Bedürfnisse hat.

Beschwichtigungssignale mit dem ganzen Körper

Sich setzen, legen, sich umdrehen, in einem Bogen gehen, Spieleinladung, sich schütteln und sich strecken.

Diese Beschwichtigungssignale in der Hundesprache dienen in der Regel dem Stressabbau. Es kann vorkommen, dass wir es eilig haben oder ungeduldig werden, besonders wenn der Rückruf nicht funktioniert und wir den Hund wieder an die Leine nehmen möchten. In solchen Momenten zeigt der Hund plötzlich Gesten, die oft missverstanden werden können. Es ist wichtig zu betonen, dass dieses Verhalten des Hundes keine Ungehorsamkeit darstellt. Anstatt sofort zu kommen, kann der Hund stattdessen schnüffeln, urinieren, stehen bleiben und sich schütteln.

In solchen Situationen ist es ratsam, die Stimme zu beruhigen, freundlich mit dem Hund zu sprechen und nicht zu schimpfen. Hier ist eine motivierende Körpersprache und gezieltes Rückruf-Training gefragt, um eine positive Verbindung zwischen dir und deinem Hund zu fördern.

Je frustrierter und wütender du dich zeigst, desto intensiver wird dein Hund Beschwichtigungssignale in seiner Körpersprache einsetzen, um dich zu beruhigen. Er wird möglicherweise langsamer werden, sich setzen, hinlegen oder beginnen, sich zu kratzen.

Auch während des Hundetrainings nutzen Hunde häufig bestimmte Gesten wie Schütteln und Strecken. Damit möchten sie uns mitteilen, dass sie unsere Erwartungen als zu anspruchsvoll, unsere Ungeduld oder Aggressivität als störend empfinden, dass sie Schwierigkeiten haben zu verstehen, was wir von ihnen wollen, oder dass ihnen schlichtweg langweilig ist.

Warum umgeht mein Hund andere Hunde in einem Bogen?

Die respektvolle Annäherung an einen anderen Hund erfolgt oft in einem Bogen. Dieses „Calming Signal“ ist äußerst wirkungsvoll und erklärt, warum Hunde dazu neigen, positiv aufeinander zu reagieren, selbst wenn sie sich nicht kennen. Wenn ein Hund aufgrund von Umständen dazu gezwungen wird, sich direkt zu nähern – beispielsweise weil er an der Leine ist –, besteht die Möglichkeit, dass der andere Hund dies als Bedrohung empfindet und mit Bellen reagiert.

Da Hunde von Natur aus Fluchttiere sind und bei Angst den Rückzug antreten, wird das Signal des „im Bogen Gehens“ für Hunde als essenziell betrachtet. Es ist ebenso wichtig für dich, dieses Signal richtig zu interpretieren. Hunde gehen auch im Bogen, wenn sie sich unsicher fühlen und bewegen sich in Kurven um Objekte oder Gegenstände, die Lärm verursachen, wie beispielsweise einen Staubsauger. In solchen Situationen ist es ratsam, deinem Hund zu erlauben, im Bogen zu gehen, anstatt ihn in die Situation zu zwingen. Wenn du auf andere Hunde zugehst, wähle selbst im Bogen zu gehen, und umgehe lärmende Umgebungen wie Baustellen, um deinen Hund zu unterstützen.

Die Einladung zum Spiel in der Hundesprache

Wenn höfliche Hunde oder Welpen spielen möchten, nehmen sie oft die charakteristische Haltung ein, bei der der Po nach oben gestreckt und der Kopf gesenkt wird. Manchmal geben Hunde während der Spielaufforderung auch Belllaute von sich oder bellen, um Aufmerksamkeit zu erregen.

Übrigens! Hast du schon einmal bemerkt, dass dein Hund beim Spielen niest? Dies ist keine merkwürdige Eigenart deines Gefährten, sondern ein Zeichen dafür, dass alles in Ordnung ist und das Spiel friedlich verläuft.

Beschwichtigungssignale der Spieleinladung sind eine der bekanntesten der Hundesprache.
Beschwichtigungssignale der Spieleinladung sind eine der bekanntesten der Hundesprache.

Andere Calming Signals der Hundesprache

Splitting, ein Welpengesicht auflegen, Grinsen, Herumalbern und mit dem Schwanz wedeln.

Die Bedeutung des „Splitting“

Besonders das „Splitten“ stellt ein bedeutendes und starkes Beschwichtigungssignal in der Hundesprache dar. Der Begriff „Splitting“ stammt aus dem Englischen und bedeutet „trennen“. Hunde wenden es sowohl untereinander als auch gegenüber ihren Menschen an. Wenn z.B. zwei Hunde in einen Streit geraten, kommt ein anderer Hund einfach dazwischen, um die Situation zu beruhigen. Dies wird nicht als nervig oder störend empfunden, sondern hilft, die aufgebaute Spannung in der Luft zu lösen.

Dieses Signal kannst du zu deinem Vorteil nutzen. Es eignet sich beispielsweise, um deinem Hund das übermäßige Bellen abzugewöhnen. Zudem vermittelst du deinem Hund Sicherheit, wenn du dich zwischen ihn und eine potenziell gefährliche Situation stellst. Hierbei kannst du deinen Hund auf die andere Seite deines Körpers holen und somit selbst die Körpersprache des „Splittings“ verwenden, wenn ihr an einem bellenden Hund, einer Baustelle, Straßenlärm, Katzen usw. vorbeigeht.

Beschwichtigungssignal Lächeln, ein Mops sitzt und lächelt
Hundesprache: Lächeln

Außerdem zeigen Hunde Beschwichtigungssignale, wenn sie sich nicht wohlfühlen, zum Beispiel, an Orten mit schlechter Energie.

  • 5 Schritte zu einer wohltuenden Hund-Mensch-Beziehung. Ein Arbeitsbuch für ein erfolgreiches Hundetraining für Anfänger und Fortgeschrittene – Level 1. Von Leigh Schneider.
  • Turid Rugaas ist eine der besten Hundetrainerin, die sich außerdem auf die Körpersprache und Beschwichtigungssignale der Hunde spezialisiert hat. Da sie aus Norwegen ist, ist ihre Seite auf Englisch.